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Der Rhythmus (von griechisch rhythmós, "Takt, Rhythmus") gilt als die einen musikalischen Verlauf prägende Ordnung, Gliederung und Gestaltung der Töne nach Dauer und Gewicht (Betonung). Auf der Ebene des Rhythmus werden Klangereignisse zeitlich gestaltet. Dabei kann der Rhythmus nicht völlig frei und losgelöst betrachtet werden, denn seine "Störungen" und damit sein Reiz basiert auf dem regelhaften Gerüst der metrisch fest gefügten Formen des Takts.
Beispiel: Eine rhythmische Figur, z.B. ein Auftakt oder ein punktierter Rhythmus, erhält in verschiedenen Taktmodellen, z.B. im 6/8-Takt oder im 4/4-Takt, gänzlich unterschiedliche "Bedeutung". In verschiedenen Metrumsmodellen, z.B. Liedform oder Zwiefacher, können rhythmische "Ereignisse" unterschiedlich funktionalisiert werden. Es besteht eine stete Spannung zwischen der "Normschicht" des Metrums und der "Ereignisschicht" des Rhythmus in der Musik - hör- und wahrnehmbar an Synkopen, Verzögerungen oder "zu früher" Realisierung "erwarteter" Ereignisse.
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Musikstücke können in gleich lange Zeitabschnitte, so genannte Takte, eingeteilt werden. Jeder dieser Zeitabschnitte wird bei der Notierung durch senkrechte Striche (Taktstriche) vom nächsten getrennt. Taktarten unterscheiden sich hinsichtlich der Zahl ihrer Taktschläge (gerade bzw. ungerade Zahl). Der erste Schlag eines Taktes ist immer ein betonter Schlag (mit Akzent). Die Taktart wird mit einer Bruchzahl angegeben: Oben (im Zähler) steht die Zahl der Schläge pro Takt, unten (im Nenner) der Notenwert je Taktschlag. Beispiel: 2/2 (zwei Halbe pro Takt), 4/4 (vier Viertel pro Takt), 3/4 (drei Viertel pro Takt, "Walzer"), 6/8 (sechs Achtel pro Takt), 12/8 (zwölf Achtel pro Takt), aber auch ungerade Modelle wie 5/4 (fünf Viertel pro Takt) sind möglich. Innerhalb eines Taktes gibt es (in der Regel) klare Betonungsverhältnisse und -abfolgen: Im Viervierteltakt ist die erste Viertelnote stark, die dritte leicht betont, die zweite und vierte Viertelnote bleiben jedoch gänzlich unbetont. Im Dreivierteltakt dagegen ist die erste Viertelnote stark betont, die zweite und dritte jedoch unbetont. Diese regelhafte Abfolge von schweren und leichten Taktzeiten bildet eine "Folie", auf der sich Rhythmen ganz unterschiedlich gestalten lassen - je nachdem, ob sie auf einen starken oder schwachen Taktteil treffen.
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Das Metrum (von griechisch metron, "Maß") regelt u.a. die taktübergreifenden Abfolgen von "Schwerpunkten". Der Musikwissenschaftler Hugo Riemann (1849-1919) hat hierfür ein "Periodenmodell" entworfen, das sehr anschaulich Aussagen über Betonungsmuster ermöglicht. Riemann fasst mehrere Takte zu einer "Periode" zusammen und untersucht den Stellenwert der Periode im ganzen Musikstück. Für den Bereich der "klassischen" Musik seit etwa 1650 formulierte Riemann die achttaktige Periode als normatives Modell der gesamten Melodie- und Harmoniebildung (z.B. beim Volkslied). Innerhalb dieser acht Takte lassen sich feste Betonungsmuster über die Jahrhunderte hinweg nachweisen.
historie
Die griechische Musik kannte nur eine Unterscheidung in lange und kurze Noten (additiver Rhythmus). Eine präzisere Tonlängenbestimmung entstand erst mit dem Aufkommen mehrstimmiger (polyphoner) Musik, da hier die Notwendigkeit einer präzisen Gleichzeitigkeit der Stimmen nicht mehr zu umgehen war. Tonlängen wurden relativ zueinander gebildet (divisiver Rhythmus), z.B. eine Drittelung (1:3:9) oder Viertelung (1:2:4). In den Musiknoten konnten Tonlängen erst seit dem 13. Jahrhundert festgehalten werden (Mensuralnotation der Notre-Dame-Schule). Takt und Taktsystem entstanden um 1600 und bildeten die Grundlage für die gesamte Musik der Klassik und Romantik. In der Neuen Musik seit 1900 sowie in außereuropäischen Musikstilen sind zum Teil weitaus komplexere Rhythmus- und Taktmodelle gebräuchlich. Im Bereich der Rock- und Popmusik ist der Beat ein ziemlich einfaches Metrummodell, im Jazz fungiert der Swing als komplexere Rhythmusstruktur.